Interview mit Alexander Dugin zu seinem Buch „Politica Aeterna“.

07.08.2025
Das Interview führte und übersetzte Alexander Markovics
  1. Sehr geehrter Prof. Dugin! In Ihrem vor kurzem auf Englisch erschienen Buch “Politica Aeterna” beschreiben Sie wie Philosophie Gesellschaften prägt und erschafft, beginnend mit der platonischen und aristotelischen Philosophie und ihrem Einfluss auf Europa. Worin liegt das Wesen des politischen Platonismus, wie prägte er die europäische Gesellschaft und was für eine Kontinuität existiert zwischen den Gedanken Platons und dem Christentum?

Am Anfang möchte ich festhalten, dass ich die traditionelle Haltung teile, dass philosophisches Denken die Realität prägt. Die politische Dimension ist also gewissermaßen im philosophischen Denken enthalten, in ihm eingebettet. Einst hatte Martin Heidegger in seinen Schwarzen Heften notiert, dass wir die politische Philosophie nicht als eigene Disziplin begreifen dürfen, weil die Politik von Anfang an in das philosophische Denken eingebettet ist. Dementsprechend ist es absolut widernatürlich zu versuchen Politik und Philosophie voneinander zu trennen. Jede Form der Philosophie schließt politische Schlussfolgerungen in sich ein und allen politischen Systemen liegt eine philosophische Schule zugrunde. Doch wenn wir Platon heranziehen, erkennen wir, dass sein politisches Denken und seine Philosophie komplett homogen sind und eine Homologie[1] zwischen ihnen besteht. Platos Konzept des Seins, des Geistes, der Realität, der Natur und des Kosmos sind um Achsen herum angeordnet. Vertikale Achsen die zur Spitze der Realität des Guten, des Agathon[2], und der Einheit führen. Das Gute und das Eine sind also eins und sein transzendentes Prinzip sind der Himmel und die Götter selbst, die von Zeit zu Zeit die Spitze des Himmels erklimmen, um von dort die Transzendenz zu betrachten. Darin besteht die Ordnung allen Seins, die Seele ist auf diese Art aufgebaut. Es handelt sich dabei um eine Art Dreieck, einen Berg an dessen Spitze der Gipfel der Realität liegt von dem aus alles betrachtet werden kann, was jenseits von ihr liegt. Das ist die Realität von allem und jeder Staat besitzt dieselbe Struktur – der normale Staat, der platonische Staat. Der normative Staat sollte, wie eine Pyramide organisiert sein an deren Spitze jemand steht der mehr betrachten kann als den Staat selbst. Etwas Religiöses, etwas Metaphysisches und dabei handelt es sich um das Konzept des Krieger-Philosophen, des Wächters im platonischen Sinne, einem Wächter der diese transzendente Dimension bewacht. Der Philosophenkönig hat das Recht zu herrschen und an der Spitze zu stehen, da er über transzendente Macht verfügt, um sich selbst transzendieren zu können. Platon zufolge können auch Frauen mit viel mehr Energie zu Wächtern im philosophischen Sinne werden.  Die Idee besteht also darin, dass an der Spitze der Gesellschaft eine Art Prophet oder Seher steht, jemand der mehr sieht als die anderen. Darin besteht die Sakralisierung der Macht. Und dieses Konzept passt wiederum sehr gut zum Konzept des Reiches, welches christianisiert wird und an die Spitze den christlichen Kaiser stellt, der die Funktion des als Wächter agierenden Aufhalters (griechisch: Kathechon) innehält. Dieser Wächter ist ebenso wie der Philosophenkönig mehr als nur ein politischer Anführer, er ist eine Art Brücke zwischen dieser Welt und der anderen Welt und darin besteht die Fortführung des klassischen politischen Platonismus in verschiedenen Formen. Die imperiale Form war im Byzantinischen Reich am populärsten. Dort wurde das Konzept des Aufhalters im Heiligen Reich bewahrt und später auf Russland übertragen. Doch im westlichen Christentum kam es nach dem Heiligen Augustinius zu einem Bruch zwischen dem transzendenten Reich der Kirche und den Vertretern auf Erden und dem irdischen Königreich. Dies war die Spaltung des politischen Platonismus. Aber ein westlicher Kaiser, Karl der Große, auch Charlemagne genannt, begann damit das byzantinische, ostchristliche Konzept zu imitieren. Wenn wir diese beiden Strömungen zusammennehmen, dann schließen sie auch die letzten österreichischen Kaiser der Habsburgerdynastie mit ein, die Kaiser im Westen und bis ins 20. Jahrhundert Russland mit Zar Nikolaus II. Wir erkennen, dass die gesamte europäische Geschichte bis zum letzten Jahrhundert gewissermaßen in einer Anwendung dieses politischen Platonismus in der christlichen Fassung bestand, also im reinen politischen Platonismus. Wenn wir davon ausgehen, dass wir die Philosophie verändern, dann ändern wir die philosophische Herrschaft von der vertikalen platonischen Verehrung der Transzendenz zu einer immanenteren Form, dann landen wir zum Beispiel bei säkularisierten Formen des Staates, einem Staat ohne Sendung. In anderen Worten: Willkommen in der Moderne! Diese versucht eine autonome Ontologie für die Politik zu erschaffen, baut diese aber auf dem philosophischen Immanentismus[3] im Allgemeinen auf, es gibt also eine andere Anwendung der nicht-platonischen, stärker materialistischen und immanenten Politikphilosophie. Wenn wir zum Beispiel die atomistische Philosophie und die Idee annehmen, dass alles aus Atomen besteht, die voneinander durch die Leere getrennt werden, dann kommen wir bei den liberalen politischen Systemen an. Der politische Atomismus, der politische Anti-Platonismus führt uns zu einer liberalen politischen Gesellschaft. Dieser Ontologie der liberalen Demokratie, die wir nicht nur brauchen, um die staatliche Mission abzulehnen. Das ereignete sich bereits zu Beginn der Moderne, doch der politische Atomismus geht weiter: er zerstört auch diese immanenten Staaten, die Nationalstaaten ohne Aufgabe, den säkularen Staat,  weil sie ein Hindernis auf dem Weg zur Selbstverwirklichung dieser atomistischen Massen darstellen. Demnach führt die Anwendung einer anderen Philosophie auf die Politik zu anderen Ergebnissen. Wenn wir diese zwei Visionen zusammenführen, können wir sagen, dass wir als Platoniker diese vertikale menschliche Organisation der Gesellschaft, basierend auf der Sakralisierung des Zustands der Politik und des Aufhalters an der Spitze, dem Zaren, Philosophenkönig dessen metaphysische Energien alle Strukturen durchdringen, verteidigen müssen. Der politische Platonismus wird zu einem symbolischen Element. Also ist alles in der Politik symbolisch, aber ebenso ist alles in der Politik auch heilig: Es gibt Schönheit in Ihr, eine Art Religion, die in der Politik eingebettet ist. Wenn wir aber zum säkularen Staat weitergehen, trennen wir uns von dieser transzendenten Dimension und wir erhalten ein anderes Modell. Wenn wir dieser Logik weiterfolgen, müssen wir versuchen die säkulare Konstruktion zu demontieren, das künstliche Gebilde des Nationalstaats und widersetzen uns dem Globalismus der Zivilgesellschaft, dem Kosmopolitismus und dem Individualismus, der beginnt zu einer neuen Grundlage der Politik zu werden. Wenn wir Platoniker sind, müssen wir gegenüber unserer Religion treu bleiben, trotz der politischen Atomisten[4], auch wenn sie Anhänger von Demokrit oder Epikur[5] sind, Materialisten, Hedonisten, Skeptiker und so weiter oder sie den Liberalismus vertreten. Der Liberalismus ist kein Schicksal, genauso wenig wie der Atomismus unausweichlich ist, beides ist eine philosophische Entscheidung. Und die Hauptbotschaft des politischen Platonismus ist, dass wir es nicht mit einem Schicksal zu tun haben, wenn es um den Übergang vom Platonismus zum Atomismus geht, sondern mit einer freien Wahl haben. Du ziehst ihn vor, doch wir bevorzugen die Alternative! Sie sagen: Wenn du die Alternative vorziehst, dann bist du kein Mensch, bist du nicht normal, dann sollst du ausgelöscht, bestraft, zerstört, dämonisiert und umgebracht werden! Doch je stärker wir sind und diesem Druck widerstehen, desto eher kommt es zu einer Wende: Zwar können wir nicht so tun, als ob Trump ein politischer Platoniker wäre, aber es ist offensichtlich, dass seine Präsidentschaft eine klare Ablehnung der Endphase des Atomismus und Postindividualismus darstellt, dieser postmenschlichen Gendervorstellungen der liberalen Gesellschaft. Jetzt können wir sehen, wie man all das überwinden, wie man es besiegen kann. Es mag sein, dass all dies gerade nicht vom politischen Platonismus überwunden wird, aber auf jeden Fall von etwas das weniger atomistisch und weniger materialistisch ist als die Kraft, welche die USA bis gestern repräsentiert hat, die sich als unausweichlich und als eine Art Schicksal präsentiert hat. Wir haben dieselbe Erfahrung in der Sowjetunion gemacht: Die UdSSR täuschte vor ewig zu sein, sich bereits in der postkapitalistischen Phase einer linearen Entwicklung der Geschichte zu befinden, aber nichts davon war wahr, es handelte sich dabei nur um eine Phase in der Geschichte. Dementsprechend können wir also sagen, dass die liberale Demokratie nur eine Phase ist, gewissermaßen ein liberaler Moment, nicht die Demokratisierung und Liberalisierung und schon gar nicht das Ende der Geschichte. Das ist der liberale Moment, er ist angekommen, da stimme ich zu, aber er ist auch schon wieder vorbei. Und das gibt wiederum dem politischen Platonismus alle Möglichkeiten. Bei ihm geht es nicht um die Vergangenheit, er ist nicht etwas das nicht mehr der Realität angehört oder nicht mehr aktuell ist, sondern er stellt eine Versicherung dar: Wir können uns dafür entscheiden politische Platoniker zu sein, wir können uns dazu entschließen den politischen Atomismus herauszufordern und wir können siegen! Und das Beispiel Russlands, welches die kommunistische Erfahrung durchgemacht hat und sich jetzt als Reich rekonstituiert, zeigt, dass wir jetzt eine Alternative haben, genauso wie die Erfahrung der Vereinigten Staaten – Sie können einen Schritt zurück machen oder vielleicht sogar einen Schritt vorwärts, weil Sie dazu in der Lage sind ihre philosophische und politische Position frei zu wählen. Wenn man aus dem gesamten Spektrum des politischen Logos des politischen Denkens wählt, wird einem klar, dass sich Europa im Hintertreffen befindet. Sie müssen darauf abgestimmt sein, was in der Welt passiert, also ist der Liberalismus bereits jetzt obsolet, bereits etwas das überwunden wurde, es ist also ein archaisches Verhalten liberal zu sein, Demokrat zu sein und sich auf einer Wellenlänge mit Schwab, Harrari oder Bernard Henry Levy zu befinden. Es bedeutet der Vergangenheit anzugehören, also ist es vergeblich und verfügt über keinerlei innere Energie mehr. Die Rückkehr zum politischen Platonismus in Österreich, Frankreich, Deutschland und ganz Europa wird frisches Blut für die politische Seele bedeuten. In Russland bedeutet der klarer werdende politische Platonismus die erste Wende in den Vereinigten Staaten den zweiten ernsthaften Angriff auf den politischen Atomismus. Europa muss sich diesem Klub anschließen. Also bitte bringt eure archaischen Idiotenregierungen zur Räson, setzt sie ab und kommt in die neue Welt der Wiederherstellung und ewigen Wiederkehr des politischen Logos! Denn dabei handelt es sich um die Grundlage Europas, nicht um eine fremde Idee, die von außen gekommen ist, sondern um die eigentliche Grundlage der politischen Tradition und der philosophischen Identität des Abendlandes an sich.

  1. Dies führt mich direkt zu meiner zweiten Frage: Sie sprechen von der Philosophie des Vaters im Falle von Platon und der Philosophie des Sohnes im Falle Aristoteles, aber Sie erwähnen auch die Philosophie der Mutter in ihrem Buch. Warum ist der Atomismus eine weibliche Philosophie und was waren die Folgen der Übernahme dieser Philosophie für die europäischen Gesellschaften seit der Renaissance?

Diese Frage ist sehr interessant, weil wir in meinen Augen hier nicht über Gender oder Geschlecht im eigentlichen Sinne reden, wenn wir philosophische, politische, metaphysische oder methodologische Systeme männlich, weiblich usw. nennen. Also handelt es sich dabei um eine symbolische Art des Ausdrucks. So können wir zum Beispiel bestätigen, dass es einen rein maskulinen Typ des Logos gibt, wir nennen ihn apollinisch, das ist der politische Platonismus: Der Vater ist oben, er ist ewig, allmächtig, er befindet sich immer in einer unerschütterlichen Position und wir gehören zu seinen Söhnen auf der horizontalen Ebene und müssen seinen Prinzipien folgen. Das ist eine männliche Haltung, aber es gibt viele Typen von Frauen, die sich dieser Ontologie mit dem Vater an der Spitze verschrieben haben. Pallas Athene zum Beispiel, die einer menschlichen Frau ähnelt, gehört ebenfalls zur apollinischen und nicht zur kybelischen Gattung. Es gibt also einen zweiten politischen Logos, den aristotelischen und hier sind die Männer und männlichen Figuren dieser Vertikalität nicht so radikal verschrieben. Sie sind viel ausgeglichener, sie stehen weder an der Spitze noch ganz am Boden, sie sind dazwischen. Dies ist der dionysische Typ. Es gibt sowohl Männer als auch Frauen des dionysischen Typs. Sie sind nicht apollinisch, sie sind anders und es gibt noch einen anderen Typ. Und dieser dritte Typ ist der Logos der Kybele, der Großen Mutter, dabei haben wir es mit einer komplett anderen Struktur in der Organisation von Philosophie und Politik zu tun. Sie verläuft vom Boden der Pyramide zur Spitze. Am Boden befindet sich noch nicht geformtes Material, zum Beispiel das Atom. Das Atom ist ein Teil ohne das Ganze. Also ist es ein Teil des Nichts, das wir als eine nicht vollkommene Gesamtheit verstehen können. Es ist nicht ein Teil des Nichts, es ist kein Teil, sondern es ist ein bloßer Partikel. Das Atom ist also etwas, dass ohne Bedeutung und ohne jegliche Symbolik oder intellektuellen Wert existiert, es ist einfach gegeben. Es ist ebenso nichtig wie die globale materielle Mutterschaft der Erde die ohne Sinn und Grund gegeben ist. In vielen Mythen antiker Völker gibt es Erzählungen über die Entitäten der Großen Mutter, die ihr sehr lieb sind, die Titanen und Riesen miteingeschlossen. Sie können keinen Unterschied zwischen hoch und niedrig, den Göttern und den Dämonen machen. In den Augen der Großen Mutter ist alles gleich, alles wurde von ihr erschaffen und sie stellt sich heraus als die Realität in Form ihrer abgrundtiefen Natur. Dabei handelt es sich um die mystische Fassung des Materialismus, der in Verbindung mit dem Konzept des Atomismus steht. Wenn wir dieses anwenden, erhalten wir eine Spielart des politischen Feminismus und des politischen Konzepts einer Gesellschaft, die von unten nach oben gebaut wird. Sie ist gleichbedeutend mit der Großen Mutter, für die jeder, ob himmlischer oder irdischer Natur gleich ist – Gleichheit, Demokratie, Liberalismus und Atomismus, all das sind verschiedene Formen des Logos der Kybele und Repräsentation der Großen Mutter. Und was wir in der postmodernen Politik des Feminismus erkennen, in den Transgendern und Homosexuellen sowie anderen Typen der Perversion bzw. Kastrationen, so tragen sie alle Attribute der Großen Mutter. Die Prozession der Großen Mutter setzt sich aus direkt physisch kastrierten Menschen zusammen, jenen die zu Transgendern kastriert wurden, Akrobaten und Clowns – all diese Elemente können wir auch bei „Gay Pride“-Märschen erkennen, die wiederum eine Art Wiederauferstehung dieses alten feministischen Kults darstellen. Die feministische Bildung und die Queertheorie stellen eine Inversion des Logos der Großen Mutter Kybele innerhalb der politischen Sphäre dar. Es handelt sich also um einen globalen Prozess der Kastration der westlichen Gesellschaft auf allen Ebenen: Der philosophischen Ebene, der metaphysischen Ebene und der politischen Ebene, in sozialer wie kultureller Hinsicht. Dazu habe ich ein sehr interessantes Beispiel: Vor etwa 12 Jahren war ich in Freiburg, um die Universität zu besuchen, an der Martin Heidegger den späteren Professor Friedrich Wilhelm von Hermann[6] lehrte, seinen letzten Schüler. Zuerst besetzt Husserl[7] diesen Lehrstuhl und nach ihm wurde Heidegger zum Vorstand des Instituts. Und nun gibt es dort anstatt eines Lehrstuhls für Phänomenologie einen für Queerstudies und Feminismus, dabei handelt es sich also um die symbolische Umkehrung der Pole. Hier blühte einst die dionysische phänomenologische Philosophie – ich betrachte die Phänomenologie als Entwicklung der Intuitionen Friedrich Nietzsches über Dionysos, nun ist Kybele an seine Stelle getreten. Also hat Kybele Dionysos am Lehrstuhl der Universität von Freiburg ersetzt. Dieser Akt der Ersetzung ist von größerer Bedeutung als die rein feministisch-kybelischen Figuren und die dementsprechende Haltung in Allem: In der Politik, der Kultur, der Kunst, den Massenmedien, in der Ethik, in der Geopolitik. Kamala Harris stellte die Repräsentation dieser kybelischen Figur dar, denn Kybele wurde in vielen Mythen als schwarze Frau beschrieben, nicht wegen ihrer Rasse, sondern wegen der metaphysischen Farbe die das Tamas[8] in der indischen Tradition symbolisiert. Die Große Mutter ist also Tamas, sie ist eine atomistische Mutter, so wie die Band Pink Floyd es im Lied „Mother“[9] formuliert hatte.

  1. Sie haben über den materialistischen und atomistischen Faktor der Moderne und im Zuge dessen in ihrem über die drei Paradigmen der Moderne gesprochen: Liberalismus, Kommunismus und revolutionären Nationalismus. Worin bestehen die unterschiedlichen Gesellschaftskonzepte in diesen drei verschiedenen Paradigmen? Im Fall der Dritten Politischen Theorie haben Sie die Konservative Revolution erwähnt. Wie kann sie uns zur Vierten Politischen Theorie und einer anderen Gesellschaft führen, die nicht modern ist?

Ich denke, dass die drei politischen Theorien die politische Moderne im Allgemeinen vertreten. Obwohl alle drei politischen Theorien – Liberalismus, Kommunismus und Nationalismus – ich ziehe es vor über den Nationalismus im Allgemeinen zu sprechen, nicht in den Begriffen Nationalismus, revolutionärer Nationalismus, Nationalsozialismus, und Faschismus – ein Konzept in dem der Nationalstaat, die bürgerliche Nation auf der individuellen Staatsbürgerschaft als Zentrum des politischen Denkens aufbauen. Ich denke, dass alle drei zur politischen Moderne zählen. Insofern bauen alle drei Ideologien auf dem Atomismus, dem Materialismus und der gynekokratischen[10] Ontologie auf. Der Liberalismus ist kybelisch, der Kommunismus ist kybelisch und der Nationalismus ist kybelisch. Sie repräsentieren allesamt drei Versionen desselben politischen Logos, denn sie beschäftigen sich mit etwas Materiellem. Die Materie ist hier entweder individuell verstreut (Liberalismus) oder wie im Kommunismus zu einer Masse zusammengesetzt. Der Dritte Weg fasst die Masse der Bürger in Gestalt des Leviathans nach Hobbes zum modernen Nationalstaat zusammen, als einer Verpflichtung in Form eines Mythos bzw. einer eingebildeten Einheit, es handelt sich dabei also lediglich um eine eingebildete Tradition. Alles wurde im modernen Nationalismus von Null an neugeschaffen, es handelt sich dabei bloß um die Verpflichtung einer künstlichen Erzählung, es ist nicht die Fortsetzung einer Tradition. Alles wurde erschaffen: Nationalstaaten, Idiome als Sprache für alle, also sind all diese Nationalhymnen und Symbole nichts anderes als Schöpfungen, die von unten nach oben gehen. Und der Nationalstaat zielt auch auf den Platz des Reiches ab, auf die Sphären, welche die Gesellschaft hierarchisch vom kybelischen Logos abschotteten, der in allen drei Ideologien repräsentiert wird. Und diese drei Ideologien – Kommunismus, Nationalismus und Liberalismus – kämpften während des 20. Jahrhunderts gegeneinander in einem Krieg der Ideen. Doch dieser Zustand repräsentiert mehr die politische Moderne als etwas anderes, denn alle drei behaupteten, dass sie modern seien und die Zukunft repräsentieren würden – sowohl die Faschisten, die Kommunisten, als auch die Liberalisten. Wenn wir die Ideengeschichte des Wettbewerbs zwischen diesen drei Versionen des kybelischen Logos im 20. Jahrhundert beobachten, dann kommen wir zum Schluss, dass der Sieg – und dieser passierte nicht zufällig, sondern aufgrund der inneren Struktur dieser Ideologie – schließlich den Liberalen zufällt. Daher ist der Liberalismus reiner, die reinste Manifestierung des materialistischen Logos, des Atomismus, der auf dieser Atomisierung aufbaut, die die Atome nicht künstlich zusammenfügt, weder in der Nation noch in der kommunistisch-sozialistischen Gesellschaft. Indem man die Atome sich selbst und ihrer Einsamkeit überließ, erschuf man die fortschrittlichste Form der Moderne und deswegen hat der Liberalismus obsiegt. Er hat also nicht zufällig gesiegt, weil er effektiver oder attraktiver war. Es hat ein metaphysischer Kampf stattgefunden und der Liberalismus hat ihn gewonnen, nun erkennen wir die reine Manifestation der politischen Moderne, den Logos der Kybele, den Liberalismus – und genau das ist der Liberalismus. Hier treffen wir auf Feminismus, Transgender, Transhumanismus usw. Also ist der Sieg der Liberalen ein Sieg des Liberalismus an sich. Der Nationalismus und der Sozialismus haben verloren – ihr Anspruch der Zukunft der materialistischen Zivilisation anzugehören wurde zurückgewiesen, sie erwiesen sich als die Zukunft im Sinne des Endes der Geschichte, welches der Moderne inhärent ist, verzögernd, da sie traditioneller und normaler als der Liberalismus waren. Zuerst können wir also sagen, dass die politische Moderne und die politische Manifestation des kybelischen Logos mit dem Liberalismus zusammenfällt. Beim Liberalismus handelt es sich also um die reine und absolute Form der politischen Systeme, die in Verbindung mit der Großen Mutter stehen. Bei den Globalisten können wir all diese Elemente erkennen. Folglich handelt es sich bei Fukuyamas Ende der Geschichte um das Königreich der Hure Babylon, der riesigen, scharlachroten Frau, der großen Hure, die über den Königreichen und Völkern sitzt. Das Ende der Geschichte ist ein anderer Name für die babylonische Hure, die ihren Sieg über die Überreste der besiegten politischen Ideologien davongetragen hat. Kommunisten und Nationalisten hatten versucht sich an die Herrschaft der Großen Mutter anzupassen, weil sie zu einer veralteten Version derselben gehörten. Sie haben diesen Kampf darum modern zu sein und der Zukunft anzugehören verloren – sie gehören zur Vergangenheit der Moderne, den früheren Stufen der Moderne und versuchten aus dieser Sackgasse herauszukommen. Als ich damit begann eine Alternative zu diesem liberalen Globalismus als Theorie herauszuarbeiten, bestand meine Idee zunächst darin sich jenen anzuschließen, auf der Rechten und auf der Linken, die noch nicht in den Liberalismus eingetreten sind und sich noch immer in der Peripherie und am Rand befinden, um gegen die Liberalen zu kämpfen. Doch ist dieser Kampf bereits verloren und es ist offensichtlich, dass sich weder Kommunisten noch Nationalisten diesen symmetrischen Kampf leisten können. Meine Idee bestand darin, dass ich mich den letzten Nationalisten und Sozialisten, den letzten Kommunisten und Bolschewiken sowie den letzten Anhängern des Nationalstaates anschloss, während sich vor unseren Augen der Atompilz der individualistischen Explosion am Himmel ausbreitete, um etwas Neues, eine Synthese aus Sozialismus und Nationalismus zu erschaffen. Dabei handelte es sich um die erste Annäherung an die Vierte Politische Theorie. Und als wir versuchten diese Betrachtung in der Politik umzusetzen kamen wir zu einigen interessanten Ergebnissen, zum Beispiel konnten wir uns vorstellen, dass sich die 5-Sterne-Bewegung in Italien mit der Lega Nord verbündete, um den Liberalismus der Mitte mit Leichtigkeit zu stürzen. Dasselbe gilt zum Beispiel für Melenchon[11] und Marine le Pen in Frankreich. Weil sie getrennte Wege gingen, unterwarfen sie sich Macron. Macron ist eine Minderheit, die links und rechts manipuliert, damit links und rechts einander bekämpfen, was deren mögliche Herrschaft absolut unpopulär macht. Dasselbe gilt für Sarah Wagenknecht und die AfD in Deutschland: Wenn sie ihre Kräfte vereinen, werden sie siegen. Wenn sie gegeneinander kämpfen, werden sie verlieren. Dies gilt für beide, denn weder rechts noch links – die illiberale Linke und Rechte – könnten vortäuschen oder davon träumen an die Macht zu kommen. Alain de Benoist hat zum Beispiel vor kurzem bestätigt, dass Trump ein Kandidat der Arbeiterklasse ist. Das Wunder seiner Wiederwahl besteht genau darin, dass er die Interessen der amerikanischen Arbeiterklasse repräsentiert. Es ist also interessant, dass er sowohl linke als auch rechte Elemente vertritt, aber ich kam zum Schluss, dass das nicht genug ist. Technisch gesehen könnte das sehr gut funktionieren, aus diesem Grund werde ich auch so sehr gehasst, denn ich habe zum Beispiel eine echte Anleitung veröffentlicht in der erklärt wird, wie man eine politische Wende zu Ungunsten der Liberalen machen kann. Denn wenn Sie links und rechts miteinander verbinden, dann ist es genug, um sie zu schlagen und einen Wandel hervorzurufen. Und genau das ist der Grund, warum sie so viel Energie darin investieren meine Anstrengungen zu unterminieren, um sicherzustellen, dass die illiberale Linke und die illiberale Rechte voneinander getrennt werden. Denn der Schlüssel liegt in der Dämonisierung ihrer Kooperation. Doch ich ging weiter und kam zur Dritten Politischen Theorie, von dort aus schließlich zur Konservativen Revolution, die eine Einladung dazu darstellt die gesamte politische Moderne zu überwinden und nicht in die Falle des Liberalismus zu tappen und gegen den Nationalismus und Kommunismus zu kämpfen oder gemeinsam mit dem Nationalismus und Kommunismus gegen den Liberalismus zu kämpfen. All das ist wie ein Tanz im Labyrinth der politischen Moderne. Die Vierte Politische Theorie ist also eine Einladung dazu das ganze Labyrinth in die Luft zu jagen und nach draußen zu gehen, aus dem Irrgarten der politischen Moderne hinaus. Wir dürfen nicht versuchen den Gordischen Knoten zu lösen, wir müssen ihn mit dem Schwert durchschneiden. Das ist die Idee: Den Irrgarten der politischen Moderne zu sprengen und die Menschen dazu einzuladen einen Schritt hinter die politische Moderne in die Vormoderne zu machen und nach vorne aus der Moderne heraus in die Postmoderne und nicht zu versuchen die Linke und Rechte innerhalb der politischen Moderne zu vereinen, sondern die Vormoderne und die Postmoderne gegen die Moderne. Dabei suchen wir nach Inspiration in unserer größten Zeit, im politischen Platonismus, im Aristotelismus, im Mittelalter, im Reich, in der Kirche, in verschiedenen philosophischen Konzepten der Vormoderne, die uns als Inspiration dienen könnten und wir dürfen nicht dabei zögern Reiche auszurufen, die Stände wiederherzustellen und zu den ewigen Paradigmen Platons zurückzukehren!

Doch gleichzeitig können wir einen Schritt weiter nach Vorn machen und versuchen die politische Moderne von außerhalb ihrer Grenzen zu betrachten. Wir können zum Beispiel nicht nur traditionelle Werte wiederherstellen – das ist ein Teil des Prozesses – wir können auch einen strukturalistischen Zugang anwenden – das alles nur ein Text ist – und wir können damit anfangen diesen liberalen Text mit einem Text der Vierten Politischen Theorie zu bekämpfen. Wir können der Dominanz der Unipolarität nicht mit einer Rückkehr zur Bipolarität widerstehen, sondern mit der Multipolarität, die fast niemals existierte oder besser gesagt vor dem Anfang des Zeitalters der Entdeckungen bestand. Als die Zivilisationen existierten, lebten sie in derselben Zeit, aber in verschiedenen Welten: die Chinesen, die indische Zivilisation, die islamische Zivilisation, die afrikanische Zivilisation, die russische Zivilisation, Westeuropa und das prä-kolumbianische Amerika. Wir lebten auf demselben Planeten, in derselben Zeit, aber kollidierten nicht miteinander. Insofern ist die Multipolarität gleichzeitig etwas Neues und sehr Altes. Dieser zivilisatorische Zugang, der Strukturalismus, die Phänomenologie, die Kulturanthropologie, die positive Akzeptanz der Unterschiede und die Ablehnung einer Idee der linearen Entwicklung jeglicher Gesellschaft: all das könnte man in die Vierte Politische Theorie einbetten, all das existierte zuvor in den vormodernen kontextuellen Texturen und Feldern nicht. Es ist uns also möglich Waffen aus dem postmodernen Arsenal und einige Prinzipien der Vormoderne miteinander zu vereinen. Traditionalisten vom Schlage Guenons und Evolas sowie andere geben uns ein Beispiel dafür, wie wir die traditionellen Ideen durch die rationale französische Sprache vermitteln können, wie es Guenon getan hat oder wie wir die ewigen Werte Roms und der primordialen Tradition an die Kritiker der modernen Kunst anpassen können, wie es Evola getan hat. Es ist etwas sehr Besonderes und ich denke, dass die konservative Revolution in Deutschland gewissen Beschränkungen unterlag. Gleichzeitig fand gewissermaßen zum Beispiel mit der Kyotoschule in Japan und vielen andern nicht-westlichen Formen des Denkens eine Suche in dieselbe Richtung statt. Ich denke, dass die Vierte Politische Theorie eine Einladung dazu ist all jene zu vereinen, die nicht das Ergebnis des politisch-historisch Denkens einer einzigen Zivilisation auf alle anderen projizieren wollen. In meinem Fall ist dies die russische Zivilisation, doch wir müssen mit einer großen Zahl von Menschen reden – mit afrikanischen, lateinamerikanischen, indischen, chinesischen, buddhistischen und islamischen Denkern, um die Vierte Politische Theorie zu entwickeln, zu erschaffen und sie uns vorstellen zu können. Aus diesem Grund hat die Vierte Politische Theorie keinen Namen. Das ist nicht zufällig so, sondern aus einem Grund. Ihr Name – wir müssen den richtigen Namen finden – vielleicht wird es verschiedene Namen für dasselbe Ding in unterschiedlichen Zivilisationen geben, also sollten wir nicht deskriptiv vorgehen. Es handelt sich dabei nur um die Stoßrichtung der Forschung. Wir müssen also diesen Weg beschreiten, aber wir wissen nicht was uns an seinem Ende erwarten wird. Es handelt sich dabei also nicht um die Wiederholung von etwas das gegeben ist, sondern um die Erforschung von etwas neuem und aus diesem Grund besitzt diese politische Theorie eine Nummer, aber keinen Namen.

  1. Eine sehr interessante Feststellung von Ihnen besteht darin, dass die zweite und dritte politische Theorie den Kampf gegen den Liberalismus verloren haben, weil sie nicht modern genug waren. Von einem soziologischen Standpunkt wäre es daher interessant zu wissen was jeweils den Kern der zweiten und dritten politischen Theorie darstellte und warum genau sie nicht modern genug waren, um den Kampf darum, wer der wahre Erbe der Moderne ist, zu gewinnen?

Wir können die Tatsache bestätigen, dass die sozialistische Revolution in genau den Ländern gewonnen hat, in denen Marx davon ausgegangen ist, dass sie es dort nicht schaffen würden. Dies geschah genau deswegen, weil er die traditionellen Elemente nicht in seine Betrachtung miteinbezog. Was war also die eigentliche Triebfeder hinter der bolschewistischen russischen Revolution? Es war die Macht der russischen Bauernschaft, traditioneller Menschen, die die pro-westliche Elite loswerden wollte. Das war eine nationale Revolution. Kommunismus und Bolschewismus waren nicht nur (!) marxistisch. Marx zufolge würde sie nicht in Russland stattfinden können, also war das gegen den Marxismus. Und aus diesem Grund stellt der Leninismus eine große Korrektur des Marxismus dar und der Stalinismus sogar noch in einem größeren Ausmaß, denn Stalin hatte angenommen, dass wir eine sozialistische Gesellschaft in einem Land errichten könnten – das sich gegen den Marxismus und gegen den Leninismus richtete. Das war nur der nationale Aspekt, der nicht modern, sondern gewissermaßen vormodern war und der eigentliche Erfolgsfaktor hinter der kommunistischen Revolution. Die Voraussagen von Marx, dass sich die kommunistische Revolution zuerst in den entwickelten Industriegesellschaften ereignen würde, erwies sich als falsch, weil nichts dergleichen im Westen passierte – in England und in Deutschland, wo Marx darauf wartete, dass sie sich ereignen würden. Dasselbe gilt für China, aber auch für die anderen sozialistischen Gesellschaften, Vietnam und andere. Die Realität der erfolgreichen sozialistischen Revolution liegt also darin, dass es ein anderes Element als Triebfeder gab, welches den Erfolg möglich machte und dies waren nicht die Klassenstruktur oder der Grad der industriellen Entwicklung oder die Größe des Proletariats. Das Proletariat war sehr klein und unbedeutend in Russland und in China, aber dennoch ereignete sich dort eine proletarische Revolution. Hier gab es in einem gewissen Sinne ein Missverständnis: Die chinesische Gesellschaft entdeckt ihre Tradition mehr und mehr wieder und schlussendlich ist die chinesische Gesellschaft viel mehr mao-konfuzianisch-traditionalistisch als marxistisch. Und ich denke, dass auch einige vormoderne Elemente im Nationalismus offensichtlich sind: Die Anrufung des Mythos, die Beschwörung der heroischen Maskulinität. Die Idee des Nationalismus ist feminin, weil sie auf der Großen Mutter aufbaut und der Erschaffung der Gesellschaft von unten nach oben. Doch einige Elemente im Faschismus und Nationalsozialismus waren vielleicht Perversionen und Karikaturen der apollinischen Strukturen und des Dionysischen. All diese vormodernen Elemente verhinderten also, dass diese Regime den Liberalismus überwanden. Die vormodernen Elemente, welche in der zweiten und dritten politischen Theorie eingebettet waren, waren also die metaphysischen Gründe für ihr Scheitern.

  1. Wir sprachen über die Postmoderne. Sehr interessant ist, dass sie von zwei Bedeutungen gesprochen haben: Einerseits die Postmoderne als Abschluss des Atomismus, der in totaler Opposition zum Platonismus steht und dann haben Sie andererseits formuliert, dass es notwendig ist, gemeinsam mit dem Traditionalismus und Postmodernismus gegen die Moderne zu kämpfen, um diese überwinden zu können. Weiters sagten Sie, dass mit der Niederlage von Kamala Harris und den Globalisten bei den letzten US-Wahlen auch der Liberalismus bis zu einem gewissen Grad besiegt wurde. In ihrem Buch schreiben Sie ebenfalls über die Postmoderne als Hypermoderne und Sie erwähnen auch den Begriff der Dunklen Aufklärung hinsichtlich Reza Negarestani und anderen postmodernen Denkern. Was wären also die Folgen, wenn man die Postmoderne im Geiste der Dunklen Aufklärung auf die Gesellschaft projizieren würde?

Die Postmoderne ist einerseits der logische Schluss der Moderne, der Hypermoderne, andererseits ist sie noch viel eloquenter und offener. Das offene Böse ist jedenfalls besser als das verdeckte Böse. Wenn Sie zum Beispiel das wahre Gesicht des Teufels sehen, dann ist das besser, weil sie keine Illusionen mehr haben – er ist da – als wenn es verdeckt, ist durch einige humanistische Annahmen, Menschenrechte usw. Dies erkennen wir jetzt wir in diesem Sexskandal in den USA rund um den Rapper Puff Daddy/P. Diddy. Dabei handelt es sich exakt um die schwarze Messe die hinter humanitären Missionen, Ärzten ohne Grenzen, der Offenen Gesellschaft, der Sorge um die Umwelt verborgen war – dahinter sehen wir die Ermordung von Säuglingen, Verstümmelungen, Vergewaltigungen, schwarze Messen und all das ist die logische Konsequenz der Moderne. Pizzagate[12] und all diese anderen Skandale in den USA ereignen sich nicht zufällig. Die echte satanische Elite befindet sich im Inneren, im Kern der globalistischen Elite, es sind Personen wie Epstein. Ihre Handlungen bilden lediglich ihre Gesinnung ab. Dabei handelt es sich um den Sumpf von dem Trump gesprochen hat und das ist der Kern, der postmoderne Kern der Moderne. In der Moderne tat man so, als ob es weder Gott noch den Teufel geben würde. In der Postmoderne erkannten sie, dass es keinen Gott gibt, aber dafür den Teufel. Dabei handelt es sich um den Antichristen mit offenem Visier. Der eigentliche und gefährlichste Trick des Antichristen besteht nämlich darin, dass er seine wahre Identität verschleiert. Doch nun ist alles klar, alles liegt offen wie Alex Jones sagte und es findet ein Erwachen statt. Und dieses Erwachen aus dem Kompromiss der Moderne führt in die Postmoderne. Es kommt also zum Ende dieses Kompromisses, dieses Gleichgewichts – es liegt hier etwas Satanisches und etwas Säkulares vor – doch jetzt ist es rein satanisch, und wer gegen diesen Satanismus aufsteht, wird Nazi, Putinist usw. genannt. Aus diesem Grund ist die Postmoderne auf zwei Arten besser: Erstens zeigt sie die wahre Natur der westlich-globalistischen Zivilisation. Zweitens offenbart sie das wahre Wesen des spekulativen Realismus und der Dunklen Aufklärung: Reza Negarestani, Nick Land und die anderen Vertreter der Tendenz der schwarzen deleuzianischen Postmodernisten sind bloße Winkeladvokaten des Teufels, sie selbst betrachten sich als Propheten der Alten, der Idiotengötter Lovecrafts. Sie verfassen auch Bücher darüber, dass es eine andere, dunkle Seite der Dinge gibt, eingebettet in diese intrakorporeale Realität, wie Guenon es ausdrückte. Diese Realität erschien in Form der Horden von Gog und Magog und sind jetzt bei hellem Tageslicht sichtbar. Diese Menschen halten also ihre Kongresse ab, diskutieren über ihre Ideen und gleichzeitig halten ihre schwarzen Messen ab. Dementsprechend sind die Annahmen und Bilder der vorhergehenden Moderne, in der Säkularismus, Rationalismus und technische Entwicklung vorherrschten, vor unseren Augen in Flammen aufgegangen und wir haben es nun mit der schwarzen Messe zu tun.  Und eben weil es nun offensichtlich ist, dass es keine Illusionen mehr gibt hinsichtlich der Realität der weltweiten schwarzen Messe, die vom liberalen Westen und seinen Handlangern organisiert wird, kommt es zu einem Erwachen, einem eschatologischen Erwachen, bei dem es sich nicht nur um eine Rückkehr zu vormodernen Zeiten handelt. Es handelt sich dabei um das Verständnis des eschatologischen Moments: nun werden wir von unserem Schicksal dazu eingeladen den Teufel in einer letzten Schlacht zu bekämpfen. Immer mehr Menschen verstehen das. Der eschatologische Traditionalismus ist also kein normaler Traditionalismus. Ein normales Leben in einer traditionellen Gesellschaft ist davon gekennzeichnet, dass sie in einer Ordnung leben: alles ist heilig und ausgeglichen, es gibt ein paar Katastrophen, aber die Menschen versuchen sie zu harmonisieren. Sie kämpfen, Sie fahren in den Himmel, Sie verhalten sich gut, Sie beten, Sie haben eine Familie, Sie haben Kinder, Sie versuchen sie traditionalistisch zu erziehen und es ist ein mehr oder weniger friedliches Leben. Wenn in dieser Konstellation der Krieg etwas sekundäres ist, dass nicht im Zentrum, sondern am Ende der Zeit liegt, so haben sich die Proportionen jetzt geändert. Nun besteht der Kern des traditionellen Lebens im Krieg gegen den Teufel, denn der Teufel ist überall. Sie verfügen nicht länger über diese Insel der Seligen auf Erden, wo sie nach dem Gesetz der Tradition leben können. Sie werden angegriffen und nicht in Ruhe gelassen. Um also ein Traditionalist sein zu können, müssen Sie kämpfen! Und darin liegt der Unterschied: Der Frieden findet nur im Moment der Befreiung statt und der Kampf ist alles. Das ist also eine besondere postmoderne Version des Traditionalismus, die wir überdenken müssen. Und während wir diesen Kampf gegen die Gesellschaft der Schwarzen Messe führen, müssen wir einige Elemente einsetzen, die während der Moderne entwickelt wurden und wichtig für sie sind. Ich denke, das sind die Phänomenologie, der Strukturalismus, die Linguistik, die Kulturanthropologie, gewisse Aspekte der Soziologie und andere Werkzeuge. Weiters denke ich, dass es sich bei der Soziologie der Postmoderne um eine doppelte Dimension handelt. Ein Teil besteht aus der Hypermodernen, dem Liberalismus, Materialismus, der Befreiung der Perversion und der Normalisierung der Sünde auf der einen Seite. Aber auf der anderen Seite besteht sie aus der Kritik an der Moderne, wobei die Postmodernisten einige interessante Elemente verwendeten. Heideggers Lehre vom Dasein, den Strukturalismus, Husserl, Brentano, Levi Strauss und schließlich die Psychoanalyse, denn die Psychoanalyse kann von zwei Seiten gelesen werden. Ich akzeptiere zum Beispiel die Psychoanalyse Carl Gustav Jungs, die einen Teil und eine Tendenz darstellt, aber nicht nur diese. Sie können auch zum Beispiel Lacan verwenden, um einige falsche Konzepte besser verstehen und kritisieren zu können. Einige Elemente die von negativen Postmodernisten genutzt wurden, könnten auch durch einen Postmodernismus von rechts verwendet werden. Das richtet sich nicht gegen die Vormoderne, sondern ist ein Bündnis, welches eine eschatologische Herausforderung der Moderne darstellt, die manchmal seltsame und neue Formen annimmt.

  1. Und schließlich zur letzten Frage: Am Ende Ihres Buches schreiben sie über die Vierte Politische Theorie als Weg, um aus der Moderne auszubrechen und dabei bestimmte Konzepte des Traditionalismus und Politischen Platonismus zu inkorporieren. Wie nahe steht die Vierte Politische Theorie der Idee der Kallipolis, die von Plato erwähnt wird und wie können wir diesen Zustand erreichen? Wie können wir von dieser postmodernen Gesellschaft, in der wir in Europa leben, zurück zum Idealzustand kommen, der von Plato beschrieben wird?

Zunächst denke ich, besteht der erste Schritt zur Orientierung darin die Bedeutung der Vierten Politischen Theorie zu erfassen und zu akzeptieren, dass die Kallipolis und die Platonopolis[13] als Idealstaat des Politischen Platonismus nicht hinter uns, sondern vor uns liegt. Sie gehört also nicht der Vergangenheit an, sondern der Ewigkeit. Und wir befinden uns in einem bestimmten Moment, in diesem politischen Moment, der viel, viel näher am Ende als am Anfang ist. Wir leben in der Mitternacht der Menschheit und der menschlichen Geschichte, das ist absolut wahr, alle Zeichen sind hier und am Ende der Geschichte. Wie am Anfang der Geschichte gibt es zwei Momente und der Archetyp erscheint, manifestiert sich selbst. Dort ist die Kallipolis, die große Stadt, das ist am Anfang und wird immer mehr und mehr vergessen, weswegen wir immer größere Anstrengungen unternehmen müssen, um uns an ihn zu erinnern, das ist die platonische Erinnerung. Wir erinnern uns an die Heilige Stadt, wir erinnern uns an die Kallipolis und versuchen unsere unvollkommenen politischen und philosophischen Strukturen an die Proportionen dieser Kallipolis anzugleichen.

Wir erinnern uns an die Kallipolis und darin besteht die Tradition. Also übermitteln wir von Generation zu Generation dieses Gedächtnis davon, was die Kallipolis ist, was sie war und wie sie sein sollte. Wir versuchen uns zu erinnern, wir versuchen sie an unsere politischen Idealstrukturen anzupassen. Doch Schritt für Schritt ist es eingestürzt – dieses Bild der Kallipolis – dieses Bild des Anfangs ist in den totalen Abgrund gestürzt. Also erinnern wir uns nicht mehr daran, haben nicht mehr die dafür notwendigen Ideale und stürzen in die Zerstörung, die Degeneration im Rückschritt der liberalen Demokratie. Dabei handelt es sich offensichtlich um die Akzeptanz des Niedergangs. Es ist zum Beispiel eine Sache gegen die Sünde zu kämpfen und etwas anderes die Sünde als Nicht-Sünde zu akzeptieren. Das ist genau die juristische Billigung der Homoehe, genau die eine Sache: Die Akzeptanz der Sünde als Nicht-Sünde, als etwas Normales. Es ist also eine Sache sich an etwas beinahe Vergessenes zu erinnern, aber es dennoch zu versuchen oder die Unmöglichkeit davon als Tatsache, als Norm anzuerkennen. In dem Moment in dem wir aufgehört haben, uns an die Kallipolis zu erinnern haben wir die liberale Demokratie und damit unsere Verdammnis akzeptiert, die Verdammnis der westlichen Zivilisation und ebenso aller anderen Zivilisationen, die von ihr kolonisiert wurden. Aber die Kallipolis taucht ebenso wieder am Ende der Zeiten auf, sie ist das himmlische Jerusalem. Das himmlische Jerusalem in der christlichen Tradition ist genau diese Manifestation der Ewigkeit, denn das himmlische Jerusalem ist etwas Ewiges. Es existierte, es existiert und es wird existieren. Denn es wurde bis zu einem bestimmten Moment erinnert, nach einem bestimmten Moment verborgen und es wird sehr bald erscheinen. Und diese Distanz zwischen der Manifestation der Ewigkeit und der Kallipolis vor uns, ist eine sehr kurze Entfernung verglichen mit der Distanz, die wir bereits zurückgelegt haben. Wir sind jetzt nur einen Schritt von ihr entfernt und eine Milliarde Schritte liegen hinter uns. Ich denke, das ist ein kleiner Unterschied zwischen dem normalen Traditionalismus und dem Traditionalismus der Vierten Politischen Theorie: die rein eschatologische Haltung. Doch wir verlassen uns nicht auf dieses Ereignis das kurz vor uns liegt, sondern wir verlassen uns auf die Ewigkeit. Das alles ist zur Mitternacht nicht offensichtlich, denn die Dunkelheit ist so dicht, dass wir uns nicht einmal vorstellen können, dass das Licht überhaupt existiert. Die letzte Erinnerung an das Licht ist verloren gegangen und in diesem Sinne gibt es nur einen starken Glauben an die Ewigkeit, dass das Licht immer noch da ist, dass es vielleicht nur versteckt ist, aber hier sein könnte. Es ist eine sich bewegende Macht des Morgens und der neuen Dämmerung. Ich denke also, dass es sich dabei um eine neue Orientierung der Vierten Politischen Theorie handelt, nicht nach der Vergangenheit zu greifen, in einem kühnen Schritt die Vergangenheit zur Zukunft zu machen und Auge um Auge mit dem Feind zu kämpfen, sich auf Gott zu verlassen und an ihn zu glauben, der immer an unserer Seite ist, nicht in der Vergangenheit, sondern immer. Und Gott ist mit jenen, die mit ihm sind – wenn er offen an unserer Seite steht, wenn er durchsichtig ist, wenn er gesehen wird, wenn er verborgen ist und wenn er nicht zu existieren scheint. Und wir müssen Gott folgen, auch in dem Fall, dass es keinen Gott gibt. Das ist unser Glauben und auch wenn uns jemand beweist, dass es keinen Gott gibt, dann wird dies nichts an unserer Entschlossenheit dazu ändern für ihn zu kämpfen, an ihn zu glauben und an ihn zu beten. Diese Haltung können wir vielleicht den voluntaristischen Traditionalismus nennen, er baut nicht auf Trägheit auf, sondern auf der ewigen Treue zu diesen Prinzipien. Dann wenn diese Wurzeln sichtbar sind und dann, wenn sie verborgen sind. In jedem Fall müssen wir ihnen gegenüber treu bleiben, trotz allem und darin besteht die heroische Version des Traditionalismus und die Vierte Politische Theorie erscheint in diesem Sinne nicht vor der Moderne, sondern nach der Moderne.


[1]Vom altgriechischen Wort ὁμολογεῖν (homologein), „übereinstimmen“. (Anm. d. Red.)

[2]Altgriechisch ἀγαθόν „das Gute“, „das Gut“. Damit ist in der aristotelischen Philosophie die Seinsvollkommenheit eines Seienden gemeint, dem kein Mangel anhaftet. Es ist sozusagen das höchste ethische Ziel. Platon spricht in diesem Zusammenhang von der „Idee des Guten“. (Anm. d. Red.)

[3]Auch immanente Philosophie. Begreift das Sein als bereits dem Ich oder Bewusstsein immanent. Jede Erkenntnis beschränkt sich daher in dieser Sichtweise auf das rein Erfahrbaren und Gegebene.  Immanenz steht im Widerspruch zur Transzendenz, was das das Ich Übersteigende ist, welches von den immanenten Dingen unabhängig ist. (Anm. d. Red.)

[4]Hierunter wird jemand verstanden, der das Teil vollkommen entkoppelt vom Ganzen sieht. Das Atom, als Teil(chen), ist vollkommen losgelöst. Nichts hängt mit irgendetwas zusammen. Der Individualismus ist eine Spielart des politischen Atomismus des Liberalismus. (Anm. d. Red.)

[5]Beide sind Vordenker der materialistischen Auffassung gewesen, die davon ausgeht, dass alles, was existiert, aus Materie besteht und jede Erkenntnis nur aus dieser heraus gewonnen werden kann. Im Gegensatz geht der Idealismus davon aus, dass der Geist unabhängig von der Materie existiert. (Anm. d. Red.)

[6]Friedrich-Wilhelm Gustav-Adolf Rüdiger von Herrmann (1934 – 2022), deutscher Philosoph und Schüler Martin Heideggers.

[7]Edmund Husserl (1859-1938). Österreichisch-deutscher Philosoph und Mathematiker. Begründer der Phänomenologie, die jeglichen Erkenntnisgewinn in den Erscheinungen (Phänomenen) ursächlich sieht. (Anm. d. Red.)

[8]In der indischen Tradition steht die Farbe Tamas für Faulheit, Lethargie und Chaos.

[10]  Vom griechischen Wort gynē (γυνή) für „Frau“ und kratos (κράτος) für „Herrschaft“. Die Gynekokratie ist ein Matriarchat und bezeichnet eine von Frauen geführte Gesellschaft. (Anm. d. Red.)

[11]  Jean-Luc Mélenchon (1951). Ist ein linker Politiker Frankreichs, der zunächst in der Sozialistischen Partei sozialisiert wurde und später mehrere Abspaltungen von ihr forcierte. (Anm. d. Red.)

[12] Dabei handelt es sich um eine Verschwörungstheorie, dass in der Pizzeria Comet Ping Pong in Washington, D.C., eine Gruppe um Hillary Clinton einen Kinderhändlerring betreibe, der in Verbindung mit satanistischen Ritualen stünde. (Anm. d. Red.)

[13] Kallipolis (griechisch: Καλλίπολις) bedeutet wörtlich „schöne Stadt“ oder „ideale Stadt“ und ist vor allem bekannt als die idealtypische Polis (Stadtstaat) in Platons Werk „Der Staat“ (Politeia). Sie steht für Platons Vorstellung eines gerechten Gemeinwesens. (Anm. d. Red.)

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