Noch mehr Bespitzelung der Privatsphäre durch das US-Patent US10096319
Sogenannte „Sprach-Assistenten“ wie „Alexa“ oder „Siri“ sind inzwischen aus vielen Haushalten nicht mehr wegzudenken. Datenschützer warnen vergeblich vor der Möglichkeit, daß die künstlichen Spitzel zu viele und auch zu intime Informationen abgreifen – ganz abgesehen davon, daß zum Beispiel in den USA inzwischen auch die Geheimdienste ganz regulär auf „Alexas“ Erspitzeltes zugreifen.
Das alles ist aber erst die Spitze des Eisbergs. Die Expertin Sarah Spiekermann, Autorin des Buches „Digitale Ethik“ und Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien, hat jetzt in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenmagazin „Focus“ auf die nächsten Zumutungen der digitalen Dauer-Überwachung in den eigenen vier Wänden aufmerksam gemacht. Sie informiert im „Focus“ insbesondere über das amerikanische Patent US10096319, bei dem es darum geht, Haushalte so genau zu analysieren, daß ihnen im richtigen Moment das richtige Produkt angeboten wird und diese „richtigen Momente“ – die für die Ausgespähten auch handfeste Notlagen sein können – sogar für die Werbeplazierung versteigert werden.
Spiekermann: „Mit anderen Worten ist die Idee, daß Sprachassistenten zunächst alles mitschneiden, was sie ab dem Moment ihrer Aktivierung aufschnappen können: die Stimmlage ihres Nutzers, dessen emotionale Situation, ob andere Personen in der Wohnung sind, Kinder, Gäste, schreiende Babies, ein Partner oder nicht.“
Dann wird herausgerechnet, ob zum Beispiel die heisere Stimme einer Person auf eine Grippe schließen läßt und daher ein Hustenbonbon angeboten werden kann. Oder ob die anhaltend düstere Stimmung eines Nutzers eine Depression verrät, was den vernetzten Firmen die Empfehlung eines Antidepressivums nahelegt. Auch solche Momente der Schwäche sollen künftig an entsprechende Produktanbieter versteigert werden, weiß die Expertin, die dieser Tage Referentin auf der Digitalkonferenz DLD Europe in Brüssel ist, wo wichtige Köpfe aus Politik, Medien und Wirtschaft über aktuelle Entwicklungen im Digitalbereich diskutieren und referieren werden.
Mit Blick auf das fragliche US-Patent und andere vergleichbare Entwicklungen kommt die „Focus“-Gastautorin Spiekermann zu dem Befund: „Immerhin kommt so ein umfangreiches Aufzeichnen und Analysieren doch eher einem nackt ausziehen gleich, als dem Diktieren einer SMS. Und wirklich frei ist der unglückliche Mensch wahrscheinlich nicht in seiner Entscheidung, das Antidepressiva einmal auszuprobieren, wenn ihn die ach-so-allwissende KI im entsprechenden Moment berät.“ (Fehler im Original; Anm. d. Red.)