Willy Wimmer: »Zusammenarbeit mit EU und NATO ist lebensgefährlich«

17.06.2016

Eine der größten Verrücktheiten, auf die sich Europa unter dem Druck der USA in den vergangenen Jahren eingelassen hat, sind die Sanktionen gegen Russland. Von Wladiwostok und Shanghai bis in den tiefen Westen Europas entsteht derzeit eine neue Seidenstraße mit Schnellbahnverbindungen, Logistikzentren und riesigen Industriekonglomeraten.

Auf Betreiben Chinas wächst diese gigantische Infrastruktur von Osten her auf der eurasischen Landmasse in Richtung Europa. Es ist das weltweit größte wirtschaftliche Entwicklungsprojekt der nächsten Generationen.

In dieser Phase lassen die Europäer vor Russland einen eisernen Vorhang herunter. Willy Wimmer, der 33 Jahre lang für die CDU im Bundestag saß und in den 90er-Jahren sechs Jahre lang Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE war, fordert schon lange, die Beziehungen zu Russland zu normalisieren. Im Vorfeld des 20. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforums, das am 16. und 17. Juni stattfindet, hat Willy Wimmer in zwei Interviews scharf die Politik der EU gegenüber Russland kritisiert und an das Gebot gutnachbarschaftlicher Beziehungen erinnert.

In einem Gespräch mit Sputnik News beklagte er eine »katastrophale« Entwicklung in Europa, das sich remilitarisiere wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. »Die Politik der guten Nachbarschaft heißt doch, dass ich mit dem Nachbarn Handel treiben und das Beste aus den ökonomischen Potenzialen auf beiden Seiten machen muss … Und wenn ich mir die amerikanische Politik auf dem europäischen Kontinent ansehe, geht es doch in diese Richtung: Strangulation der russischen Föderation aus allen Himmelsrichtungen. Da müssen wir ansetzen«, wird Wimmer bei Sputnik zitiert. Wimmer bezeichnet demnach die Zusammenarbeit mit EU und NATO als »lebensgefährlich«.

Wimmer gab vor wenigen Tagen auch im Radio AugartenStadt ein Interview zum Thema »Ist Europa am Ende?« In dem Gespräch ging er auf »beunruhigende Zerfallserscheinungen von Staaten und Gesellschaften in Europa« ein. Scharfe Kritik übte Wimmer anlässlich dieses Radio-Auftritts in Wien an der Regierung Merkel: »Wenn die Bundesregierung ihre Rolle als die eines Pudels der USA betrachtet, dann werden wir unseren Aufgaben nicht gerecht.«

Wimmers Forderung laut der Abschrift des Interviews: Deutschland müsse seine Interessen mit den Nachbarn in Übereinstimmung bringen und sich bemühen, die Beziehungen zu Russland auf eine bessere Grundlage zu stellen.

Kopp online (15.6.2016)