Nato treibt Raketenabwehr voran - Russland protestiert
Trotz russischer Proteste treibt die Nato den Aufbau ihres Raketenabwehrsystems in Europa voran. Am Donnerstag wird in Anwesenheit von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im rumänischen Deveselu [Bild] die erste von zwei Raketenabschuss-Stationen eingeweiht.
Eine zweite Abwehrbasis entsteht im nordpolnischen Redzikowo, nicht weit von der russischen Exklave Kaliningrad entfernt. Offizieller Baubeginn ist am Freitag.
Außerdem gehören eine Radaranlage in der Türkei und vier in Südspanien stationierte US-Schiffe mit Abwehrraketen zu dem Schutzschild. Die Kommandozentrale liegt in Deutschland - auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein.
"Nichts könnte weiter von Wahrheit entfernt sein"
Russland kritisierte die Inbetriebnahme der Raketen-Basis in Rumänien als "schädlich und falsch". Die Anlage könne auch Marschflugkörper abfeuern und sei eine Gefahr für das strategische Gleichgewicht, sagte Michail Uljanow vom Außenministerium in Moskau.
Der stellvertretende US-Außenminister Frank Rose bekräftigte dagegen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest, dass der Raketenschild nicht gegen Russland gerichtet sei. Zu den russischen Bedenken sagte er: "Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein." Die Amerikaner argumentieren, die russischen Raketen seien zu schnell, um von den Abfangraketen erreicht werden zu können.
Raketen des Iran können auch europäisches Bündnisgebiet der Nato erreichen
Als Hauptbedrohung sieht Rose weiterhin den Iran, obwohl sich das Verhältnis zwischen dem Westen und Teheran seit Abschluss des Atomabkommens im vergangenen Jahr deutlich entspannt hat.
"Iran entwickelt, testet und stationiert weiterhin das ganze Sortiment von Kurz- und Mittelstreckenraketen", sagte der US-Spitzendiplomat vor der Einweihungszeremonie in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Die iranischen Raketen könnten auch das europäische Bündnisgebiet der Nato erreichen.
USA investierten über eine Milliarde
Die Abwehrstation in Deveselu wurde von den Amerikanern im Alleingang aufgebaut und kostete 800 Millionen US-Dollar (700 Millionen Euro). Auf dem Nato-Gipfel in Warschau im Juli soll sie der Nato unterstellt werden. Das sogenannte "Aegis"-System kann Mittelstreckenraketen eines Angreifers außerhalb der Erdatmosphäre zerstören.
Insgesamt haben die USA weit mehr als eine Milliarde Dollar in die Raketenabwehr investiert. Die Beiträge der Nato-Bündnispartner sind dagegen bisher verschwindend gering. Von Deutschland erhoffen sich die USA die Bereitstellung von Kriegsschiffen mit Radargeräten.
Focus online (12.5.2016)