Julien Rochedy: "Klare Kante zeigen!"

14.02.2019
Unzählige NGOs und Aktivisten betätigen sich als illegale „Fluchthelfer“. Der französische Autor und Politikanalyst Julien Rochedy sieht darin eine der großen Gefahren für den europäischen Kontinent.

Herr Rochedy, die US-amerikanische NGO „Advocats Abroad“ wurde von der kanadischen Bloggerin Lauren Southern überführt, illegale Migranten in Grie­chenland zu wahrheitswidrigen An­gaben angestiftet zu haben, um sie vor einer Abschiebung zu bewahren. Über­rascht Sie das?

Rochedy: Mich überrascht das nicht. Mich überrascht hingegen die oftmals theatralische „Überraschung“ vieler, die so tun, als sei das alles gar nicht klar ­gewesen. Eine ganze Armada an so­genannten Nichtregierungsorganisatio­nen (NGOs) ist im Feld der „Schleuserei“ von Migranten nach Europa auf verschie­denen Ebenen tätig.

Was meinen Sie damit?

Rochedy: In ganz Europa sind unzäh­lige sogenannte „zivilgesellschaftliche“ Initiativen dabei, die Grenzen nach ­Europa durchlässig zu lassen. Dazu zäh­len auch die sogenannten „Seerettungs“-NGOs, die auf dem Mittelmeer eine Art Shuttle-Service für illegale Bootsmigranten betreiben. Die Grenzen zwischen „Flüchtlingshelfern“ und „Flucht­helfern“ verlaufen hierbei fließend.

Ist das nicht illegal?

Rochedy: Die Frage nach Legalität und Illegalität erscheint heute nicht mehr wichtig. War denn die Entscheidung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel rechtens, 2015 die Grenzen für den Massenansturm von Migranten zu öffnen? Soweit ich informiert bin, streiten sich darüber die Rechtsexperten in Deutschland. Und wenn es tatsächlich „illegal“ war, was hat Merkel dann zu befürchten? Die Frage bringt uns also kaum weiter. Aber das deutsche Beispiel führt in die richtige Richtung.

Wie meinen Sie das?

Rochedy: Wenn die Regierungschefin der wichtigsten europäischen Industrie­nation sich über solche Fragen einfach hinwegsetzen kann, warum sollten ­diese dann für irgendwelche NGO-Aktivisten plötzlich eine Rolle spielen? Wenn eine ganze Reihe europäischer Staatschefs dem UN-Migrationspakt in Marrakesch zustimmt, der Migration quasi zu ei­nem „Menschenrecht“ erklärt, nicht mehr von illegaler und legaler Migra­tion spricht, sondern nur von regulärer und irregulärer Migration, warum soll­ten dann all jene NGOs und Pro-Asyl-Gruppen hinter dem zurückbleiben? Ich meine: Die große Richtung wird von den Regierungen Deutschlands, aber auch Frankreichs vorgegeben, die NGO-Aktivisten fühlen sich – leider völ­lig zu Recht – als eine Art „ausführendes Organ“ der großen Politik. Die etablier­ten Medien befeuern das sogar noch mehr. Fluchthelfer, die vorsätzlich das Recht brechen und Illegale in das Herz Europas schleusen, werden zu „selbst­losen Helden“ hochgeschrieben. Hier ist eine Kampagne im Gang, an der Re­gierungen, Massenmedien und NGOs beteiligt sind. Im Prinzip ist schon die Bezeichnung „Nichtregierungsorganisa­tionen“ irreführend. Denn diese Organi­sationen betätigen sich ja quasi als ir­reguläre Regierungsorganisationen.

Im Zusammenhang mit den Begriffen Zivilgesellschaft und NGO taucht immer wieder der Name des amerikanisch-ungarischen Börsenspekulanten George Soros auf…

Rochedy: Kein Wunder, er scheint ja auch ein großes Interesse daran zu ­haben, mehr mit seinen „philanthro­pischen“ Projekten in Verbindung ge­bracht zu werden als mit seinen Investment-Aktivitäten. Soros betreibt ein ganzes Netzwerk an sogenannten „Open Society“-Organisationen und -Initiati­ven, die – wie der Name bereits verrät – das Modell der „Offenen Gesellschaft“ propagieren. Das klingt für viele Men­schen auch erst einmal sympathisch, weil sie sich darunter recht wenig vor­stellen können. Es ist aber ein Gesellschaftssystem, das keine kollektiven Identitäten duldet, weder religiöse noch kulturelle. Auch kleinste Zusammenschlüsse wie beispielsweise die traditio­nelle Familie geraten da ins Visier. Es ist also nicht verwunderlich, daß Soros-Stiftungen und -NGOs in allen Berei­chen tätig sind, in denen traditionelle, kollektive Identitäten aufgeweicht oder bekämpft werden. Soros fördert Schwulen- und Lesbenvereine und linksliberale Oppositionsgruppen in vielen Ländern – das ist alles kein Geheiminis. An den sogenannten „Farbrevolutionen“ in Osteuropa waren stets Gruppen und Organisationen beteiligt, die von Soros finanziert wurden. Ein bekanntes Bei­spiel hierfür ist die serbische Organisa­tion „Otpor!“ („Widerstand“), die Ende der 1990er Jahren in Serbien gegründet worden war. Sie wurde zu einem wich­tigen Teil der Oppositionsbewegung ge­gen Slobodan Miloševic in Serbien, der im Jahr 2000 gestürzt wurde. Multi­millionär Soros gehörte zu den bedeu­tendsten Sponsoren von „Otpor!“. Sogenannte „Oppositionstrainer“ aus Serbien schulten später auch Aktivisten in den früheren Sowjetrepubliken und in Nordafrika, wo 2011 der „Arabische Frühling“ begann. Man kann also zu­sammenfassen: Überall dort, wo es dar­um ging oder geht, Gesellschaften zu destabilisieren, sie quasi „aufzuknacken“, war und ist George Soros aktiv. Das gleiche gilt natürlich auch beim Thema „Einwanderung“: Im Herbst 2015 – also während des Massen­ansturms von Migranten auf Europa – forderte Soros die EU auf, innerhalb der nächsten Jahre mindestens eine Million „Flüchtlinge“ pro Jahr aufzunehmen, sie zu versorgen und ihnen die Wahl ihres Wohnortes zuzugestehen. Die Denk­fabrik mit dem eher harmlosen Namen „European Stability Initiative“ (ESI), die maßgeblich den als „Merkel-Plan“ bekannt gewordenen Flüchtlingsdeal mit der Türkei entwarf, wird von Soros’ „Open Society Foundations“ finanziell gefördert.

Das alles mit der Motivation, etwas „Gutes“ zu tun?

Rochedy: (lacht) Das ist, was die mei­sten Anhänger und Sympathisanten von Soros und den von ihm geförder­ten NGOs und Aktivistengruppen ger­ne glauben. Und das ist nicht verwun­derlich: Wer ist denn nicht gerne auf der Seite der „Guten“ und kämpft ge­gen das „Böse“? Doch was meistens unter den Teppich gekehrt wird, ist, daß die Kehrseite der „offenen Gesellschaft“ mit ihren „offenen Grenzen“ auch der „offene, barrierefreie Markt“ ist. Und genau hier klingelt die Kasse von angeblichen Philanthropen wie Soros. Denn „Philanthropie“ ist für ihn eben ein Investment. Wenn ein Staat destabilisiert ist und brodelt, fallen eben auch protektionistische Han­delsgesetze, die von Soros und seinen Anhängern stets plakativ als „nationalistisch“ bezeichnet werden.

Das ungarische Parlament hat im Juni letzten Jahres ein sogenanntes „STOP-Soros-Paket“ verabschiedet, zu dem auch Gesetze gehören, die „Fluchthelfer“-NGOs die Arbeit erheblich erschweren sollen. Ist das der einzige Weg?

Rochedy: Ungarn nimmt insgesamt hier eine Vorreiterrolle in Europa ein. NGO-Mitarbeiter und -Aktivisten ma­chen sich demnach strafbar, wenn sie „Beihilfe zur illegalen Migration“ leisten. Die im Gesetz enthaltene Änderung des Strafgesetzbuchs sieht Arrest­strafen sowie im Wiederholungsfall Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr vor. Darüber hinaus gilt in Ungarn be­reits seit 2017 ein Gesetz, das allen NGOs, die jährlich mehr als 23.000 Euro Förderung aus dem Ausland erhalten, vorschreibt, sich in Publikationen und Internet-Auftritten als „vom Ausland unterstützte Organisation“ zu bezeichnen.

Die europäische Mainstream-Presse läuft gegen diese Gesetze Sturm…

Rochedy: …was deren Richtigkeit und Notwendigkeit zeigt. Ich meine das völlig ernst. NGOs wie „Advocats ­Abroad“, die angeblichen „Seenot­retter“-Schiffe oder auch die Soros-finanzierte Einwanderungslobby ge­hen ja nicht nur einem Spleen oder Hobby nach. Es geht hier nicht um ir­gendeine Spinnerei, sondern darum, das Gesicht Europas unumkehrbar zu verändern. Da muß man fragen: Wer hat diese Leute dazu autorisiert? Wer hat sie gewählt? Wenn ein Staat wie Ungarn hier klare Kante zeigt, ist das nur zu begrüßen. Wir brauchen eine solche Gesetz­gebung eigentlich auf europäischer Ebene. Im Prinzip wäre das eine der ganz wenigen sinnvollen EU-Gesetzes­initiativen, die ich mir vorstellen könnte.

Würde das von Washington einfach so hingenommen werden? Immerhin finanzieren oftmals US-Stiftungen oder einzelne US-Geldgeber in Europa tätige NGOs…

Rochedy: Ich glaube nicht, daß man sich ernsthaft an den Reaktionen aus den USA orientieren sollte. Aber wenn man schon gerne über den Atlantik schaut, um sich von dort Inspiration zu holen, dann lohnt sich ein Blick in die US-amerikanische NGO-Gesetzgebung. Denn auch in den USA gibt es ein ­Gesetz über ausländische Agenten – den Foreign Agents Registration Act (FARA). Das amerikanische Gesetz wurde 1938 verabschiedet, um gegen Propagandisten aus Deutschland vor­gehen zu können. 1966 angenommene Änderungen zielten in erster Linie auf politische Lobbyisten ab, die im Auftrag fremder Länder tätig sind. Hätten wir ein solches Gesetz in der EU, hätten wir wahrscheinlich weit weniger Probleme – auch in bezug auf die sogenannten Fluchthilfe-NGOs.

Herr Rochedy, vielen Dank für das Gespräch.