Frieden für die Ukraine: Was plant Trump?
„Ich will, dass auf beiden Seiten die Menschen aufhören zu sterben!“ (Donald Trump in einer Diskussionsrunde des US-Senders CNN)
Es ist eines der zentralen Wahlkampfversprechens Donald Trumps gewesen, dass dem Wunsch von Millionen von Amerikanern entspricht: Frieden zwischen den USA und Russland in der Ukraine. Doch während oftmals Trumps Versprechen zitiert wird, er könne sogar noch vor seinem Amtsantritt einen „Deal“ mit Putin aushandeln, stellen sich viele Beobachter die Frage: Wie will er das angesichts der festgefahrenen Positionen des Westens, aber auch Kiews und Moskaus erreichen?
Trumps Friedensplan? “America First. Russia & Ukraine” anstatt der Politik Bidens
Eine Antwort darauf dürfte wohl in einer der neuesten Personalentscheidungen des künftigen US-Präsidenten zu finden sein: der Ernennung von US-General Keith Kellogg zum US-Gesandten für die Ukraine. Gemeinsam mit Fred Fleitz erarbeitete Kellogg den Plan „America Fist. Russia & Ukraine“ im Rahmen des America First Policy Institutes, dass als eine der Denkfabriken hinter Trump gilt. Der Plan selbst wurde Trump im April 2024 von Trump begutachtet und von ihm für gut befunden. Im Wesentlichen schlägt das Papier gegenüber den beiden Kriegsparteien Moskau und Kiew eine Politik von „Zuckerbrot und Peitsche“ vor. Sollte Kiew sich weigern mit Moskau zu verhandeln, was auch den Verlust von Territorien unter russischer Kontrolle bedeutet, dann wird ein Einstellen der Waffenlieferungen an die Zelensky-Regierung vorgeschlagen. Wenn aber Moskau sich nicht an den Verhandlungstisch setzt, dann wird darin ein „Hochrüsten der Ukraine bis an die Zähne“ vorgeschlagen. Begründet wird dieser Ansatz damit, dass Joe Biden eine schwache und inkohärente Außenpolitik betrieben und die „idealistischen Pläne der globalistischen Elite einer funktionierenden Arbeitsbeziehung mit Russland vorangestellt habe.“ Gleichzeitig wird betont, dass es Trump war, der 2018 als erster US-Präsident „tödliche Hilfe“ geliefert habe, um Putin aus einer Position der Stärke heraus abzuschrecken. Stattdessen habe Biden Russland in die Arme Chinas getrieben und zur Entstehung einer Achse Russland-Iran-China-Nordkorea beigetragen. Nun würde dieser Konflikt zunehmend die militärischen Ressourcen der USA verschlingen und die Vereinigten Staaten hingegen hinsichtlich ihres primären Rivalen China zunehmend verwundbar machen. Darum müsse der Konflikt beigelegt werden.
Ein Einfrieren der Front, Wiederaufbau der Ukraine und das Ende der Sanktionen
In Zukunft soll sich Europa stärker an den Kosten des Konflikts beteiligen. Gleichzeitig fordert der Plan ein Einfrieren des Konflikts analog zur koreanischen Halbinsel und die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone. Diese Zone entlang der Front die mehr als 800km lang ist, soll einerseits von NATO-Truppen, andererseits von Soldaten neutraler Staaten überwacht werden. Kiew soll dazu verpflichtet werden, die Rückerlangung seiner Gebiete mit militärischen Mitteln aufzugeben und stattdessen nur auf diplomatische Mittel zu setzen. Der Wiederaufbau der Ukraine wiederum durch eine Abgabe auf russische Energieexporte vorangetrieben werden. Das heiße Thema der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine bleibt darin strittig: Sie soll entweder für längere Zeit zurückgelegt werden (es wird von einem Zeitraum von 20 Jahren gesprochen) oder ganz aufgegeben werden. Stattdessen fordern Kellogg und Fleitz Sicherheitsgarantien für die Ukraine und eine NATO-Mitgliedschaft nur dann, wenn ein umfassender und überprüfbarer Friedensvertrag mit Russland abgeschlossen worden ist. Schließlich sollen die Sanktionen gegen Russland zunächst teilweise und bei der Unterzeichnung eines Friedensvertrags ganz aufgehoben werden.
Offene Fragen zum Frieden: NATO Truppen, Hochrüsten der Ukraine, Orthodoxe Kirche
Gleich nach seinem bekannt werden wurde der Plan insbesondere in amerikanischen und russischen Medien kontrovers diskutiert. Zunächst wurde die schwierige Aufgabe hervorgehoben, die 800km lange Front zu überwachen, noch dazu mit NATO-Soldaten, da gerade deren Präsenz einer der Kriegsgründe für Russland war. Wieso sollte Moskau genau das in einem Frieden akzeptieren, was es durch den Krieg verhindern wollte? Zudem bedeutet ein Einfrieren der Front, dass das Territorium einiger Regionen, die zu einem verfassungsmäßigen Teil Russlands erklärt wurden, weiterhin unter der Kontrolle Kiews befinden würden. Kiew wiederum hat die eigene Armee jahrelang auf eine Rückeroberung aller Gebiete inklusive der Krim eingeschworen – wie werden Zelenskys Verbündete aus den Reihen des Rechten Sektors und anderer Gruppen reagieren, wenn es zu einem Abkommen mit Gebietsverlusten kommen sollte? Weiters stellt sich die Frage, inwiefern die kommende US-Regierung dazu bereit ist, die Ukraine im Fall einer mangelnden Verhandlungsbereitschaft Moskaus hochzurüsten. Momentan produzieren die USA 14.000 155mm Artilleriegranaten pro Monat – eine Menge, die die ukrainische Armee oftmals schon in 48 Stunden verschießt. Angesichts der leere in den westlichen Arsenalen stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Abschreckung gegenüber Russland. Kellog will also einerseits die Ukraine hochrüsten, andererseits stellt er selbst in Interviews fest, dass die USA dazu nicht in der Lage sind. Gleichzeitig legt der Ukrainegesandte der US-Regierung nahe, dass die Trumpregierung im Vergleich zu Biden nicht mehr dazu gewillt ist, den liberalen Internationalismus mit seinem Dreiklang aus westlichen Werten, Menschenrechten und Demokratie über alles zu stellen und nicht gewillt sei, einen Stellvertreterkrieg mit Aussicht auf nuklearen Schlagabtausch mit Russland zu riskieren. Daraus ergibt sich der Eindruck, dass der Friedensplan nicht das Ende des Kriegs in der Ukraine bedeuten wird, sondern vielmehr das Ende der westlichen Einheitsfront gegen Russland. Ebenfalls offen ist die Frage nach der Verfolgung der orthodoxen Kirche in der Ukraine: So wurde das Kiewer Höhlenkloster Lawra von ukrainischen Behörden geräumt, Priester spurlos verschleppt, Kirchen gezielt bombardiert und die Rechte von Millionen russisch-orthodoxen Christen im Land mit Füßen getreten. Ohne ein Ende der Verfolgung der orthodoxen Kirche im Land wird es wohl keinen dauerhaften Frieden mit Russland geben können.